Abbauprogramm gebärt fiese Ratte

  • 05. Juni 2017
  • Bildung & Familie
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Als Fraktionssprecherin prangere ich in der Maisession des Kantonsrates die Streichung der Mietzuschüsse an. Die Abstimmung folgt im September 2017:

Herr Präsident, meine Damen und Herren

Ich habe in den letzten 14 Jahren hier drin schon einige Kürzungs- und Abbauideen von ihnen diskutieren dürfen – oder sagen wir – diskutieren müssen. Und das ist heute voraussichtlich für lange Zeit letzte Mal, dass sie von mir in diesem Saal im Namen der SP-Fraktion ein politisches Statement hören. Aber hier muss ich mich wirklich noch einmal zum Wort melden: weil in Sachen Fiesheit haut diese Kürzungsmassnahme schlicht jeder Messskala den Deckel weg.

Diese Vorlage will die letzten mageren Beiträge wegstreichen, die wir in unserem Kanton überhaupt noch in günstige Wohnungen investieren. Und wem streichen wir hier eigentlich das Geld? Wenn wir diese Kürzungsmassnahme umsetzen, streichen wir 165 Leuten ihren monatlichen Zuschuss an die Miete: 137 davon sind Renterinnen und Rentner, weitere 25 – und damit sind es dann praktisch alle – weitere 25 sind Leute mit einer IV-Rente. Und alle Betroffen haben im ganzen Haushalt ein Einkommen von insgesamt unter 50’000 Franken. Sonst würden sie die Zuschüsse ja gar nicht erhalten. Wir holen das Geld also einmal mehr ausgerechnet bei den ärmsten Rentnerinnen und den IV-Betroffenen.

Und nicht nur das – wenn wir unsere Beiträge streichen, verlieren die Leute gleich doppelt so viel, weil ohne Kantonsbeiträge dann auch der Bund seinen Äquivalenzanteil nicht mehr auszahlt.

Besonders fies an dieser Massnahme ist ausserdem, dass wir diesen Leuten die Beiträge zugesichert haben. Es hat darum im Regierungsratsbeschluss eine seitenlange juristische Abhandlung gebraucht, um zu rechtfertigen warum rechtmässig sei, diese Beiträge trotz diesem Versprechen zu streichen. Vom Kommissionssprecher haben wir inzwischen gehört, dass es offenbar doch gar nicht so sicher sei, ob diese Streichung rechtlich tatsächlich „verhebt“. Ganz abgesehen davon ob das jetzt wirklich vor dem Gericht Stand halten würde, finden wir von der SP es total daneben, wenn wir als Staat etwas versprechen und dann unsere Versprechen nicht halten.

Und alleine die Zeit, die die Juristinnen gebraucht haben um das Abzuklären hat wohl mehr gekostet als wir hier überhaupt in Anführungszeichen „sparen“. Denn, was holen wir mit dieser Massnahme überhaupt raus? Insgesamt entlasten wir unsere Kantonskasse damit während 5 Jahren um gerade mal mit durchschnittlich 25’000 Fränkli im Jahr.

Jetzt müssen wir das mal in Relation stellen: Noch im Herbst haben Sie hier drin entschieden, dass Sie von Firmen nicht mal kostendeckende Steuern verlangen. Mit 3 Millionen Franken haben Sie dadurch eine einzige Firma quersubventioniert. Sie haben dieses Geld einer Firma in den Rachen geworfen, die 600 Millionen Gewinn gemacht hat.

Sie werden mir jetzt dann gleich entgegnen, dass das ein alter Zopf sei und ich hier masslos überdramatisiere. Selbstverständlich – wenn Ihre einzige Sorge ist, ob Ihr Butler am Sonntagmorgen das Laub bereits aus Ihrem Pool gefischt hat, mögen diese Zuschüsse für Sie lächerlich sein. Aber für die Leute, die sowieso schon am Existenzminimum leben, sind 100 Franken mehr für die Miete sehr viel Geld!

Und dann kommt noch etwas weiteres dazu: Rund die Hälfte der Betroffenen lebt nämlich heute schon unter dem Existenzminimum. Das heisst, mit der Streichung der Kantonsbeiträge und dem Äquivalenzbeitrag vom Bund, werden die Leute nachher mehr Ergänzungsleistungen beziehen müssen. Und was bedeutet das? Die Ergänzungsleistungen zahlt nicht mehr Bund und Kanton, sondern zu einem massgeblichen Teil die Gemeinden. Das heisst, auch diese Massnahme ist am Ende schlicht und einfach eine versteckte Abschiebung von Kosten auf die Gemeinden.

Zusammengefasst: Bei diesem einst grossartig angekündigten Abbauprogramm hat der Berg hier in diesem Traktandum nicht eine Maus geboren, sondern eine richtig fiese Ratte – eine Ratte die in der Vorratskammer der Ärmsten auch noch die letzten Vorräte wegfrisst. Darum killen wir diese Ratte, bevor sie Schaden anrichtet und lehnen wir die Massnahme ab!

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